Aufnahme

Perfekte Bilder in allen Richtungen

Die Welt der Panorama-Fotografie ist ein weites Feld für Experimente. Jedes Bild hat seine eigenen Gesetze, feste Regeln lassen sich darum kaum auf stellen. Mit jedem Druck auf den Auslöser wächst der Blick davor, wo die Rundumsicht sich lohnen könnte. Um Ihnen eine Vorstellung von den Möglichkeiten der Panorama-Fotografie zu geben, stellen wir Ihnen hier die wichtigsten Schritte und Tipps zur Aufnahme eines Bildes vor. Das geht am Besten anhand der Segment-Technik. Sie erreicht hinsichtlich der erzielten Bildqualität ein hohes Niveau und folgt ähnlichen Prinzipien wie die One-Shot-Systeme – nur eben manuell und in mehreren Schritten statt automatisch und in einer Aufnahme.

Motiv und Standpunkt

Grundsätzlich ist eine Vielzahl von Motiven und Situationen geeignet, um sie mit Panoramen einzufangen. Zu den Klassikern gehören öffentliche Plätze, beeindruckende Architektur, Stadtansichten, atmosphärische Innenräume, malerische Landschaften, sehenswerte Veranstaltungen und Ausstellungen. Die einzige Einschränkung ist, dass nicht zu viel Bewegung im Motiv sein. Verändern Wolken, Fahrzeugen, Tiere oder Passanten zu schnell ihre Positionen, während sie sich am Rand eines Einzelbildes befinden, kann es zu sogenannten Geisterbildern kommen: Beim Verbinden der verschiedenen aufgenommenen Teilbilder zu einem Panorama werden die bewegten Objekte überlagert und sind nur in mysteriös wirkenden Teilen zu sehen. Moderne Software kann diese Projektionen teilweise schon entfernen, trotzdem lohnt es sich, durch mehrfache Aufnahmen genug Material für korrigierende Überblendungen zu sammeln.

Für die Wirkung des Panoramas ist die Wahl des Kamera-Standpunktes von höchster Bedeutung. Denn insbesondere bei vollsphärischen Panoramen hat der Fotograf abgesehen von dieser Entscheidung keine Möglichkeit, durch Bildausschnitte, Vergrößerungen oder ähnliche Einschränkungen des Bildes dem Betrachter seine Sichtweise zu vermitteln.
Die Wahl des Standorts ist auch für die Bildkomposition und –wirkung und damit für die Spannung maßgeblich. Es lohnt sich also, nicht einfach die Mitte eines Marktplatzes oder Gebäudes zu wählen, sondern sich Zeit für die Standortsuche zu nehmen. Gerade beim Einsatz von extrem weitwinkligen Objektiven oder Fish-Eye spielen Objekte im Vordergrund und ihre Wechselwirkung mit dem Bildhintergrund eine entscheidende Rolle – ein wichtiger Aspekt für die Standortwahl. Ist ein schattiger Platz verfügbar, kann dieser eine sehr elegante Möglichkeit sein, den Schatten von Fotograf und Kamera ohne weiteren Aufwand unsichtbar zu machen.

Wetter und Licht

Bei Panorama-Außenaufnahmen lohnt sich der prüfende Blick zum Himmel oder in den Wetterbericht besonders. Schließlich wird auf dem fertigen Bild die Hälfte der Fläche aus Himmel bestehen. Zu schlecht sollte das Wetter nicht sein – zu gut allerdings auch nicht: Ein strahlend blauer Himmel bietet nicht besonders viel Abwechslung, Wolken sind deutlich spannender.

Wolken machen auch das perfekte Licht. Denn nichts ist besser als diffuses Licht von oben. Scheint die Sonne, empfiehlt es sich, zur Mittagszeit zur Aufnahme zu schreiten. Die Sonne steht dann so hoch, dass die Schatten kurz und Gegenlicht quasi unmöglich ist. Andererseits kann auch das Spiel mit Licht und Schatten, Seiten- und Gegenlicht der Schlüssel zu guten Panorama-Bildern sein. Wer abendliche Stimmungen einfangen will, sollte nicht bis zur Dunkelheit warten – die Dämmerung bietet den abwechslungsreicheren Himmel.

Bei Außenaufnahmen gibt es zum natürlichen Licht keine Alternative, bei Innenaufnahmen ist es fast genauso. Blitzlicht nützt kaum etwas, weil der Bildwinkel zu groß ist, um alles auszuleuchten. Der Charakter von Innenräumen lässt sich am Authentischsten einfangen mit diffusem Tageslicht und dem vorhandenen Kunstlicht. Scheint die Sonne zu hell herein, ist eine gleichmäßige Ausleuchtung kaum möglich, die Bandbreite der Helligkeit wird zu groß, um den Blick aus dem Fenster bzw. Elemente in Fensternähe gut sichtbar zu machen.

Kamera, Stativ und Einstellung

Die Aufnahme eines Panoramas in Einzelsegnenten erfordert mehr als eine einfache Drehung der Kamera auf dem Stativ. Wer diese Drehung ausprobiert, stellt fest, dass Objekte im Vordergrund ihre Position deutlich verändern – dieses Phänomen nennt sich Parallaxenfehler. Es lässt sich leicht simulieren, indem man einen Finger vor das Gesicht hält und die Augen im Wechsel schließt – der Finger verschiebt sich scheinbar. Je näher das betrachtete Objekt ist, desto stärker der Effekt. Die Aufnahme eines reinen Landschafts-Panoramas könnte eventuell auch ohne Anpassung gelingen.

Um Parallaxenfehler zu vermeiden, muss der Drehpunkt der Kamera so geändert werden, dass er mit dem optischen Zentrum des Objektivs zusammenfällt, dem No-Parallax-Point. Üblicherweise liegt dieser zentral in der Frontlinse des verwendeten Objektivs – allerdings sind je nach der Bauweise, der Brennweite und anderer Merkmale des Objektivs Abweichungen möglich. Leider machen die Hersteller zur Position des optischen Zentrums keine Angaben, es muss durch Ausprobieren herausgefunden werden.

Dabei hilft ein kreuzförmiger Nodalpunktadapter, der auf dem Stativ montiert wird und es erlaubt, die Kamera in zwei Richtungen so zu verschieben, dass die Drehachse exakt durchs optische Zentrum verläuft.

Damit die verschiedenen Einzelbilder sich am Ende passgenau zu einem Gesamtpanorama zusammenfügen, sind weitere Einstellungen und Vorbereitungen der Kamera sehr wichtig.
So muss die Kamera horizontal wie vertikal auf das Exakteste ausgerichtete sein. Andernfalls wird das gesamte Bild schief. Das geht am Einfachsten mit speziellen Wasserwaagen, die über zwei Libellen verfügen und sich im Blitzschuh befestigen lassen. Bei der Aufnahme für sphärische Panoramen ist die korrekte Nivellierung nicht ganz so entscheidend, weil Fehler im Nachhinein korrigiert werden können. Für zylindrische Panoramen ist sie unerlässlich, ansonsten sind die Aufnahmen unbrauchbar. Um die exakte Ausrichtung beim Auslösen nicht zu gefährden, empfiehlt sich eine Fernbedienung bzw. die Benutzung des Selbstauslösers.

Ansonsten gilt die Devise: Automatik aus. Schließlich müssen die verschiedenen Einzelbilder in ihrem Schärfeverlauf, ihrer Farbtemperatur und ihrer Helligkeit möglichst identisch aussehen. Die verschiedenen Automatikprogramme würden dagegen die Einstellungen für jedes Bild einzeln optimieren und dadurch große Differenzen produzieren. Entsprechend muss die Automatik für Blende und Fokussierung), für Weißabgleich und Belichtung deaktiviert werden. Stattdessen sollten Werte gewählt werden, die einen Mittelwert für das gesamte Bild darstellen – das gilt insbesondere für die Belichtung. Weist das Motiv sehr starke Helligkeitsschwankungen auf, kann die Belichtung im Notfall auch mit kleinen Schritten angepasst werden.

Die Einzelbilder

Wenn alles für die Aufnahme vorbereitet ist, geht es los. Entsprechend der Reihenfolge, in der Panorama-Software üblicherweise vorgeht, werden die Einzelbilder im Uhrzeigersinn aufgenommen, bis der Gesamt-Bildwinkel erreicht ist. Dabei kommt es auch auf Geschwindigkeit an. Veränderte Lichtverhältnisse, neue Objekte und Wolken müssen in der Nachbearbeitung sonst aufwändig korrigiert werden.

Üblicherweise wird dabei im Hochformat fotografiert, um die spätere Montage auf die vertikalen Kanten der Einzelbilder zu beschränken und einen möglichst großen vertikalen Bildwinkel zu erreichen.

Wieviele Einzelbilder notwendig sind, hängt nicht nur vom angestrebten Ergebnis, sondern auch von Brennweite und Bildwinkel des verwendeten Objektivs sowie von der gewünschten Überlappung ab. Um mindestens 25% sollten sich die Einzelbilder überlappen, um spätere Retuschen und Korrekturen zu erleichtern – z. B. von bewegten Objekten im Randbereich. Wer ganz sicher gehen will, wählt eine Überlappung von 50%. Dieser Wert bedeutet, dass sich später ein Einzelbild durch die beiden benachbarten austauschen lässt.

Als Beispiel einige typische Aufnahmereihen für ein sphärisches Panorama:

Wenn ein kugelförmiges Panorama erstellt werden soll, müssen Zenit und Nadir – also Nord- und Südpol der Kugel – noch einmal separat fotografiert werden. Die Bilder werden beim Stitching von der Software eingebunden oder nachträglich manuell integriert.
Besonders wichtig ist die separate Aufnahme des Nadir, also im Winkel von 90° nach unten. Denn hier wird das Stativ abgebildet. Beim Nachschuss wird das Stativ entfernt und dann mit ausgestreckten Armen aus der Hand nach unten fotografiert – idealerweise aus gleicher Höhe und ohne Schatten des Fotografen. Für den Zenit wird die Kamera senkrecht nach oben gerichtet. Das Bild sollte möglichst schnell im Anschluss an die horizontalen Einzelbilder gemacht werden, um zu starke Abweichungen des Himmels zu vermeiden. Außerdem werden in der Regel mehrere Bilder des Zenits fotografiert und dabei die Kamera von Bild zu Bild horizontal gedreht, um eine vielfältige Basis für Retuschen zu schaffen.