HDR erstellen

Schritt für Schritt zum HDR-Bild

Schon die ersten Erklärungen dürften klar machen: HDR ist keine Technologie für Schnell- oder Schnappschüsse. Planung und sorgfältige Vorbereitung sind unerlässlich. Aber dafür eröffnet der erhöhte Dynamikumfang eine vollkommen neue Welt fotografischer Möglichkeiten, die gerade bei schwierigen Lichtsituationen ihre Stärken entfaltet: Auch bei weniger problematischen Aufnahmesituationen zahlt sich HDR aus, weil die unterschiedlichen Belichtungsstufen aufwändige Beleuchtungstechniktechnik oftmals überflüssig machen – z. B. bei Still Life-Aufnahmen im Studio.

Die HDR-Ausrüstung

Den größten Teil der Arbeit bei der Erstellung von HDR-Bildern übernehmen Computer und Software. Darum sind die Anforderungen an die Kamera nicht unbedingt hoch, selbst eine digitale Kompaktkamera kann brauchbares Ausgangsmaterial liefern. Aufgrund der höheren Qualität und Vielfalt bei den Objektiven empfiehlt sich natürlich eine digitale Spiegelreflex-Kamera, es genügt hier aber eben ein Einsteiger-Modell, idealerweise sollte es mit RAW-Daten arbeiten. Manche Kameras verfügen über eine Automatik für Belichtungsreihen, diese macht die Aufnahmen deutlich leichter und schneller. Um gute, deckungsgleiche Aufnahmen zu erreichen, ist ein gutes, standfestes Stativ wichtig. Andernfalls kann selbst die minimale Erschütterung durch den Spiegelverschluss zu Bildfehlern führen. Auch Bewegungen durch den Auslöser sollten nach Möglichkeit vermieden werden – durch den Einsatz einer Fernbedienung oder des Selbstauslösers. Bei der Bewältigung der entstehenden Datenmengen ist eine externe Festplatte mit Kartenlese-Modul sehr hilfreich.

Das richtige Motiv

So vielfältig und neuartig die Möglichkeiten der HDR-Fotografie auch sind – eine Grenze hat die Technologie: Da verschiedene, möglichst deckungsgleiche Aufnahmen gemacht werden müssen, lassen sich Bewegungen nicht abbilden und sollten bei der Motivwahl möglichst ausgeschlossen werden. Ein leichter Wellengang auf Wasserflächen oder Windbewegungen in Bäumen fallen nicht ins Gewicht, beim Fotografieren von Menschen sind allerdings absolut versteinerte Posen vonnöten, weil jede noch so kleine Bewegung das Ergebnis zerstören würde. Für Tierporträts, Aufnahmen belebter öffentlicher Bereiche oder gar HDR-Fotos von Sportveranstaltungen brauchen selbst geübte HDR-Fotografen eine riesige Portion Glück. Hier empfiehlt es sich eher, mithilfe der Bearbeitung einer einzelnen Aufnahme ein HDR-Bild zu simulieren – ein sogenanntes Pseudo-HDR.

Den Einschränkungen gegenüber stehen schier unendliche Möglichkeiten, mit Licht und Schatten zu spielen. Je größer die Helligkeitsunterschiede im Bild, desto besser entfaltet HDR seine Kraft. Ob sonnige Außenaufnahme mit sehr dunklen Schattenbereichen, ob die zahlreichen Reflexionen auf den Oberflächen von Maschinen oder Fahrzeugen, ob abwechslungsreiche Landschaften oder das Lichtspiel in Kirchenfenstern – die Welt lässt sich mit HDR neu entdecken. Denn gerade Motive wie Sehenswürdigkeiten oder Kirchen, die schon oft gesehen sind, überraschen in HDR-Qualität mit neuen Perspektiven und Details.
Um den Betrachter nicht zu überfordern, sollte eine klare Bildgestaltung verfolgt werden. Mit HDR wird eine Vielzahl von Details in den Mittelpunkt gerückt, di Zahl dieser Details sollte im wahrsten Wortsinne überschaubar gehalten werden.

Die Aufnahme

Ähnlich wie bei den Einzelbildern für Panoramen kommt es bei den Aufnahmen für HDR-Bilder darauf an, abgesehen von der Belichtung möglichst identische und deckungsgleiche Aufnahmen zu produzieren. Deswegen sollten auch hier die automatischen Helfer so weit wie möglich deaktiviert werden, um eine konstante Farbtemperatur und Schärfe zu erzielen. Die Wahl eines möglichst geringen ISO-Wertes – höchstens ISO 200 – gewährleistet möglichst wenig Bildrauschen. Die Zahl der Aufnahmen und die Belichtungs-Bandbreite sollten je nach Motiv ausgewählt werden – je größer der Kontrastumfang, desto mehr Aufnahmen mit entsprechend niedrigerem Belichtungsabstand sollten gemacht werden. Grundsätzlich ist dabei zu beachten, dass unterbelichtete Bilder mehr Farbinformationen und damit Gestaltungsspielraum liefern als überbelichtete.

Von den Aufnahmen zum HDR-Bild

Sind alle Einzelbilder gemacht, beginnt der Kern des HDR-Prozesses. Spezielle Software vereint die unterschiedlichen Aufnahmen zu einem Gesamtbild mit 32 Bit Farbtiefe im gewünschten Format und errechnet im Zuge des Tone Mappings dann daraus ein Bild, das trotz geringerer Farbtiefe den Look eines HDR-Bildes simuliert. Der detaillierte Prozess bleibt fast vollständig im Verborgenen, da er weitgehend automatisiert nach geheimen Algorithmen abläuft. Trotz gleicher Grundprinzipien hat jede Software ein ganz eigenes Verfahren, um zum Ziel zu gelangen. Selbst bei identischen Aufgaben und Einstellungen unterscheiden sich die Ergebnis zum Teil deutlich. Es lohnt sich, je nach Aufgabe mit verschiedenen Programmen zu experimentieren – eine grobe Auswahl finden Sie hier:

Vom HDR-Bild auf Papier und Monitor

Wann immer auf dem Bildschirm, Büchern oder Zeitschriften ein HDR-Bild abgbildet ist, handelt es sich dabei mitnichten um ein HDR-Bild. Schließlich ist seine Farbtiefe auf diesen Medien gar nicht darstellbar - nur professionelle, sehr kostspielige Drucker und Monitore können 32 Bit abbilden. Stattdessen wird der Look eines HDR-Bildes nur simuliert – die Daten werden so komprimiert, dass für das menschliche Auge ein ähnlich intensiver Eindruck bestehen bleibt. Der Schritt zu der Umwandlung in einen darstellbaren Farbraum nennt sich Tone Mapping: Millionen von Helligkeitsstufen werden auf 32.768 Stufen (bei 16 Bit) bzw. 255 Stufen (bei 8 Bit) heruntergerechnet.

Was nach extremer Komprimierung klingt, führt immer zu Kompromissen bei der Qualität des finalen Bildes. Jede Software setzt auf ein eigenes Verfahren, um die optimale Bildwirkung zu erreichen, daher gehen die erzeugten Bilder teilweise stark auseinander.

Bei der Software für Tone Mapping lassen sich zwei grundlegende Verfahren unterscheiden: Je nach Vorlieben des Gestalters kann Tone Mapping zur beeindruckend realistischen Darstellungen von Motiven genutzt werden oder zu künstlerischen Gestaltung. Für letztere Zwecke empfehlen sich vor allem lokalen Operatoren.

Bevor das durch Tone Mapping bearbeitete HDR-Bild fertig zur Ausgabe ist, sollte es noch einmal überprüft, repariert und verfeinert werden. Das ist in den handelsüblichen Bildbearbeitungs-Programmen ganz komfortabel möglich, zunächst sollten die globalen Einstellungen und dann die einzelnen Teilbereiche angepasst werden.

Oftmals ist das fertige HDRI zu dunkel und erfordert eine Anpassung der Tonwertkurve – auch Farben und die Schärfe sollten noch einmal geprüft und korrigiert werden. Außerdem wird mögliches Bilderrauschen entfernt, die Retusche lässt auch Bildfehler wie Geisterbilder verschwinden. Zuletzt werden der Ausschnitt, das Bildformat und die Dateigröße festgelegt.

Es muss nicht immer HDR sein: Pseudo-HDR und Exposure Blending

Wenn sich keine kompletten Belichtungsreihen aufnehmen lassen – weil z. B. zu viel Bewegung im Motiv ist oder die Zeit zu knapp ist – stellen Pseudo-HDRs eine effiziente Alternative dar. Dabei nutzt eine spezielle Software die schon relative große Farbtiefe einer RAW-Datei, um beim Importieren bzw. Konvertieren unechte Belichtungsreihen und in der Folge daraus ein kontrastreicheres Bild zu erzeugen. Natürlich ist die Qualität des so generierten Bildes nicht vergleichbar. Denn die simulierten Über- und Unterbelichtungen liefern anders als reale keine zusätzlichen Texturen, sehr helle bzw. dunkle Stellen sind weiß oder schwarz.

Eine weitere Alternative ist das Exposure Blending. Dieses Verfahren stellt ebenfalls aus Einzelbildern mit identischem Inhalt und verschiedenen Helligkeitsstufen ein neues, großes Bild her. Allerdings kommt dabei nur die klassische Bildbearbeitung mit Masken, Filtern und Ebenen zum Einsatz. Schritt für Schritt werden die hellsten Partien des jeweiligen Bildes durch die identischen Stellen des nächstdunkleren Bildes ersetzt. So entsteht in mehreren Ebenen ein Gesamtbild, das die verschiedenen Bildanteile mit optimalem Dynamikumfang verschmelzen lässt. Der wirkliche Dynamikumfang des Bildes wird dabei nicht verändert, es gehen trotz der Komprimierung keine Kontraste verloren. Daher wirken die Ergebnisse oft etwas natürlicher als klassische HDR-Bilder. Für das Exposure Blending ist keine gesonderte Software erforderlich, die normalen Bildbearbeitungsprogramme genügen und geben dem Nutzer ein Höchstmaß an Transparenz und Kontrolle. Allerdings ist der Prozess sehr zeitaufwändig und stark vom jeweiligen Gestalter abhängig. Deswegen gibt es immer mehr Software, die gezielte Unterstützung bietet.